Wohnbau-Förderung – Sozial-politische Lenkungs-Effekte ernst nehmen

Kommentar von Franziska Trebut, ÖGUT

Die Wohnbauförderung in Österreich ist ein starkes Instrument und hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in veränderten Gewichtungen bewusst sozial- und wirtschaftspolitische sowie klima- und in geringem Maß auch raumordnungspolitische Ziele verfolgt. Mit differenzierten Anforderungsniveaus und Fördersätzen ist sie den unterschiedlichen Zieldimensionen gerecht geworden, hat zur Wohnungsgrundversorgung beigetragen, war Konjunkturmotor und leistete gleichzeitig einen Beitrag zur Implementierung von klimafreundlichen Technologien am Markt.

Durch die Verschärfung der baurechtlichen Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden via EU-Gebäuderichtlinie und nationale Umsetzung OIB-Richtlinie 6 sowie den gestiegenen Druck auf die Bauleistung in Folge des Bevölkerungswachstums gerät dieses bewährte Gefüge in Bewegung und verschiedenste Proponenten am Markt beginnen, die Lenkungseffekte der Wohnbauförderung gegeneinander abzuwägen. Die Wohnbauförderung solle sich auf die soziale Zieldimension als eigentliche Kernkompetenz zurückbesinnen, ist ein häufig gehörtes Credo. Die geforderten energetischen Standards werden als eine zentrale Ursache dafür verortet, dass immer weniger Mittel aus der Wohnbauförderung in Anspruch genommen werden.

Kompetenzrechtlich ist die Wohnbauförderung dem Volkswohnungswesen zugeordnet. Ein differenzierter Blick auf die Ausgabenentwicklung der Wohnbauförderung der letzten Jahre zeigt, dass weniger grundsätzliche Rückgänge als Ausgabenverschiebungen stattgefunden haben, die aber zur sozialen Kompetenz durchaus nicht im Widerspruch stehen. Während die Förderzusicherungen bei den Einfamilienhäusern mit nur 5.100 Zusagen in Österreich in 2014 ein historisches Tief erreicht haben, sind die Förderausgaben für den Geschoßwohnungsneubau gestiegen und machten im gleichen Jahr 57 Prozent der Mittel aus1. Ist diese Verschiebung nicht durchaus im Sinne des „Volkswohnungswesens“? Warum besteht Anlass zur Sorge, wenn Einfamilienhäuser vermehrt ungefördert errichtet werden?

Die Neue Heimat Tirol, großer gemeinnütziger Bauträger im Bundesland, errichtet seit Jahren geförderte Wohnungen im Passivhausstandard und baut damit konsequent strenger als die Mindestanforderung der Wohnbauförderung. Dies tut sie, weil sie den sozialen Auftrag ernst nimmt und es gelingt ihr dadurch, ihren MieterInnen Heizkosten zu sichern, die seit den 1980er Jahren nicht gestiegen sind. Leistbarkeit des Wohnraums für die MieterInnen und kostenoptimales Niveau in der Errichtung für den Bauträger können mit ambitionierten thermisch energetischen Standards einhergehen, weil die Tiroler Wohnbauförderung eine entsprechend attraktive Förderung für geringen Energieverbrauch und reduzierte CO2-Emissionen konsequent weiter anbietet, trotz gegenläufiger Tendenzen bei den Wohnbaufördernovellen anderer Bundesländer. Diese konstant guten Förderbedingungen haben zudem dazu beigetragen, dass bei den Bauträgern und FachplanerInnen umfangreiches Know-how in Planung, Ausführung und Betrieb zukunftsfähiger klimarelevanter Standards aufgebaut werden konnte und vertieft wird.

Verdichtete Wohnformen stehen für hohe Kompaktheit und Dichte, geringeren Ressourcen- und Flächenverbrauch pro Kopf sowie in der Regel hinsichtlich der Lage des Bauplatzes auch für ein hohes Maß an sozialer und technischer Infrastruktur und alternative Mobilitätsangebote (ÖPNV) für ihre BewohnerInnen. Diese Wohnformen in einem hohen thermisch-energetischen Standard zu fördern, muss weiterhin aus sozialen und klimapolitischen Erwägungen heraus das Ziel der Wohnbauförderung sein.

Dieser Auftrag gilt gleichermaßen, wenn nicht noch stärker als im Neubau, für die Wohnbausanierung. Der Weg Richtung Dekarbonisierung des Gebäudestandes in Österreich kann nur gelingen, wenn bestehender Wohnraum umfassend nachhaltig saniert wird. Solange es für die Sanierung in Österreich keine streng einzuhaltenden thermisch-energetischen Standards über das Ordnungsrecht gibt, hat Wohnbauförderung die zentrale Aufgabe, deutliche Anreize für den klimatauglichen und sozial verträglichen Umbau des Wohngebäudebestandes zu leisten: für hohe thermisch energetische Standards, Nachverdichtung und flächensuffiziente (Neu-) Nutzungen in bereits bestehenden und erschlossenen Siedlungsgebieten mit sozialer Infrastruktur.

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