Messungen bestätigen die Erwartungen in der Praxis

Kommentar von Günter Lang, Passivhaus Austria

„Für Passivhäuser liegen langjährige Erfahrungen und statistisch gesicherte Messergebnisse von tatsächlichen Verbrauchswerten vor. Mit diesen Ergebnissen kann die Zuverlässigkeit des Passivhaus-Konzeptes beurteilt werden. In einer Studie vom Passivhaus-Institut Dr. Wolfgang Feist vom September 2015 wurden die Messwerte von über 1.800 Wohnungen im Passivhaus-Neubau und ca. 170 Wohnungen in Sanierungen mit Passivhaus-Komponenten genau untersucht. Dabei zeigte sich: Das Passivhaus-Konzept führt in der Praxis nachweislich und reproduzierbar zu einer sehr hohen Heizenergieeinsparung, die gegenüber dem alten Gebäudebestand etwa 90 Prozent und gegenüber den gesetzlichen Anforderungen an Neubauten immer noch etwa 80 Prozent beträgt. Diese Einsparungen sind durch statistisch signifikante empirische Untersuchungen erwiesen und in einer großen Zahl von Projekten bestätigt. Auch die höchsten nutzungsbedingten Einzelverbrauchswerte in Passivhäusern liegen noch deutlich niedriger als die geringsten in gewöhnlichen Neubauten.

Für die Beurteilung eines energetischen Baustandards muss der Verbrauch immer für eine ausreichende Anzahl von baugleichen Häusern gemessen werden, um nutzungsbedingte Einflüsse heraus zu mitteln und ein Vergleich der Gebäudequalität möglich wird. Der Messwert nur eines Gebäudes ist diesbezüglich nicht aussagekräftig. Verschiedene Nutzer haben in baugleichen Häusern häufig deutlich unterschiedliche Verbrauchswerte: Abweichungen von ±50 Prozent vom Mittelwert sind dabei die zu erwartende Normalverteilung. Das gilt für alle Energiestandards (Altbau, Niedrigenergiehaus, Passivhaus,…). Die bedeutendste Ursache besteht in unterschiedlichen Raumtemperaturen in der Heizperiode.

Kein „Performance Gap“ beim Passivhaus

Die Messergebnisse stimmen in den Passivhaus-Projekten sehr gut mit den zuvor berechneten Bedarfswerten gemäß PassivhausProjektierungPaket (PHPP) überein. Das Bilanztool eignet sich hervorragend, um verlässlich den mittleren Heizwärmebedarf schon in der Planungsphase zu prognostizieren. Dies gilt für Neubauten wie auch für Sanierungen. Eine Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit (sog. „Performance Gap“) ist beim Passivhaus-Standard nicht festzustellen.

Auch Sanierungen auf EnerPHit- oder Passivhaus-Standard können erfolgreich umgesetzt werden. Die Auswertung der Heizwärmeverbrauchswerte zeigt, dass mit Sanierungen nach dem EnerPHit-Standard verlässlich hohe Einsparungen realisiert werden. Die Heizwärmeverbrauchswerte liegen im Bereich vom Passivhaus-Niveau bis rund 26 kWh/(m²a), womit Einsparungen bis tatsächlich 95 Prozent realisiert werden.

Als Schlussfolgerung belegen die Messungen in Passivhaus-Projekten:

Die einzelnen Maßnahmen – Wärmedämmung, Dreischeiben-Wärmeschutz-Verglasung, Luftdichtheit und Wärmerückgewinnung – sind wirksam.
Abweichungen von mehr als etwa 1 kWh/(m²a) wären in den Mittelwerten bereits erkennbar, sie treten aber nicht auf.
Das Berechnungsverfahren nach PHPP und die verwendeten Randbedingungen bewähren sich in der Praxis. Die Abweichungen zwischen der rechnerischen Bilanz und den Messwerten sind sehr gering. Der oft beklagte ‚Performance Gap‘, also eine Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, existiert im Passivhaus nicht.
Zusätzliche Wärmeverluste, wie Wärmeübergabeverluste oder hohe Fensterlüftungsverluste können nach den vorliegenden Verbrauchsstatistiken keinen entscheidenden Einfluss haben; sie müssen innerhalb der mit ±1 kWh/(m²a) bestimmten Grenzen liegen und sind daher vernachlässigbar.“

Quelle: Studie „Die Energieeffizienz des Passivhaus-Standard: Messungen bestätigen die Erwartungen in der Praxis“, Søren Peper; Passivhaus Institut, Wolfgang Feist, Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften, Universität Innsbruck, September 2015
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