Nachhaltiges Bauen & Sanieren ist umweltfreundlich

Zukunft & Potential

Zahlreichen Studien und Untersuchungen belegen, dass nachhaltiges Bauen und Sanieren insbesondere durch Energieeffizienz der Umwelt zugute kommen. Die aktuelle Studie „Energieszenarien bis 2050 – Wärmebedarf der Kleinverbraucher“ (u.a. TU Wien) ermöglicht nun sogar einen Blick in die Zukunft und zeigt, wie sich nachhaltiges Bauen und Sanieren ökologisch auswirken wird – und bei weiteren noch lange nicht ausgeschöpften Maßnahmen noch kann.
In der Arbeit wurden in zwei Hauptszenarien alle heimischen Gebäude und künftige Neuerrichtungen (außer dem industriellen Bereich) einkalkuliert. Das Szenario „with existing measures“ (WEM 2015 Szenario) berücksichtigt bereits (mit Stand Februar 2014) implementierte Maßnahmen. Das zweite Szenario „with additional measures“ (WAM 2015 Szenario) enthält auch solche, die noch nicht umgesetzt aber bereits beschlossen wurden, beziehungsweise deren Umsetzung als nahezu gesichert anzusehen ist.
Das Erfreuliche, so die Studienautoren: „In allen Szenarien nimmt der Endenergieeinsatz in der Betrachtungsperiode ab. Ausgehend von einem Energieeinsatz von 86 TWh im Jahr 2012, kann dieser auf 82 TWh (2020) bzw. 75 TWh (2030) und 61 TWh (2050) im WEM 2015, und auf 78 TWh (2020) bzw. 65 TWh (2030) und 53 TWh (2050) im WAM 2015 Szenario gesenkt werden.
Das zusätzliche Szenario WAM-plus 2015 geht von der Implementierung eines stringenten und ambitionierten Instrumentenbündels zur Steigerung von Sanierungstiefe und Sanierungsrate sowie des Anteils erneuerbarer Wärme aus. Damit wird eine Reduktion des Endenergieeinsatzes bis 2030 auf 64 TWh und bis 2050 auf 40 Twh erreicht.“

Quelle: „Energieszenarien bis 2050 – Wärmebedarf der Kleinverbraucher“, Energy Economics Group, TU Wien, Zentrum für Energiewirtschaft und Umwelt
Quelle: „Energieszenarien bis 2050 – Wärmebedarf der Kleinverbraucher“, Energy Economics Group, TU Wien, Zentrum für Energiewirtschaft und Umwelt

Sanierung – Energieersparnis fürs Klima

Eine weitere, aktuelle Studie im Auftrag des Klima- und Energiefonds analysierte fünf österreichische Mustersanierungsobjekte in Hinblick auf Co2- und Energieersparnis – vor und nach der Sanierung. Ziel eines Energieverbrauchsmonitorings war die Erfassung und Auswertung von Daten, um die Energieströme des Gebäudes nach der Sanierung analysieren und visualisieren zu können. Dadurch sollen Rückschlüsse auf die Qualität des sanierten Gebäudes im Realbetrieb sowie auf die Funktionalität der technischen Gewerke ermöglicht werden und mögliche Optimierungspotentiale durch nicht planmäßigen Betrieb aufgezeigt werden. Das Ergebnis des Energiemonitoring: Die CO2-Reduktion der Projekte beträgt in Summe rund 105 Tonnen pro Jahr. Vereinzelt konnte durch den Einsatz von Erneuerbarer Energie der Co2-Ausstoss gar auf Null Prozent reduziert werden. Die spezifische Heizendenergie konnte mindestens auf ein Drittel gesenkt werden.
Wird die geplante, errechnete Energieeinsparung durch thermische Sanierung auch in der Praxis erreicht? – Diese Frage beantwortet die Studie der deutschen Energieagentur dena „Auswertung von Verbrauchskennwerten energieeffizient sanierter Wohngebäude“, die die Daten von insgesamt 63 thermisch sanierten Gebäuden über mehrere Jahre hinweg untersuchte. Sie kann auch als Vergleich zwischen konventioneller und nachhaltiger Bauweise verstanden werden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit einem berechneten Endenergieverbrauch von 223 kWh/(m2a) im Mittel vor der Sanierung und einem prognostizierten Bedarf von 45 kWh/(m2a) im Mittel nach der Sanierung wurde eine Energieeinsparung von 80 Prozent angestrebt. Nach der tatsächlichen Sanierung wurden schließlich im Mittel ein Energieverbrauchskennwert von 54 kWh/(m2a) und eine durchschnittliche Energieersparnis von 76 Prozent erreicht.

Tool errechnet die optimale Dämmstärke

Neue Ergebnisse über die optimale Dammstärke bringt ein Online-Rechner des Österreichisches Institut für Baubiologie und – Ökologie (IBO): Mit dem baubook AWR-Tool (www.baubook.at/awr) können ökologische und ökonomische Amortisation von Dämmmaßnahmen schnell und transparent online berechnet werden. Dies brachte auch Optimalwerte ans Licht: Die ökologisch optimalen Dämmstoffstärken liegen meist im Bereich von 50 bis 120 Zentimeter, sind jedoch je nach Dämmmaterial recht unterschiedlich.

Öko-Indikatoren zeigen Umweltverträglichkeit

Baustoffe beeinflussen die verschiedensten Umwelt- und Gesundheitsbereiche in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Die Ökobilanz gibt darüber Auskunft: In ihr werden die wichtigsten Umweltaspekte und Umweltauswirkungen von Produkten erfasst. Im Rahmen der Ökobilanz werden in der sogenannten Sachbilanz Zu- und Abflüsse von Energie und Stoffen gelistet, in der Wirkbilanz ihr dadurch bedingter Schaden auf die Umwelt errechnet. Einbezogen wird der gesamte Lebenszyklus des Materials – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zur Entsorgung.
Die wichtigsten drei Faktoren, das Treibhauspotenzial (Global Warming Potential, GWP), das Säurebildungspotenzial (Acidification Potential, AP) und der Primärenergieinhalt nicht erneuerbarer Energie (PEI), sind die wesentlichsten Indikatoren und bilden zusammen den aussagekräftigen Ökoindex OI3. Mit dem OI3-Index wird also die Umweltverträglichkeit beziffert. Er rechnet dazu die drei Umweltkategorien je Quadratmeter eines Bauteils auf einen Punktebereich von 0 bis 100 Punkte um. Der Wert ist umso niedriger, je weniger nicht erneuerbare Energie eingesetzt sowie je weniger Treibhausgase und andere Emissionen bei der Produktion der Baustoffe und des Gebäudes abgegeben wurden. Der erhöhte Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen und ökologisch optimierten Produktionsprozessen führt in der Regel zu besseren Werten.
Eine ganze Reihe an unterschiedlichen OI3-Werten bezieht sich auf spezielle Bereiche, wie OI3TGH auf die thermische Hülle eines Gebäudes oder OI3KON auf eine Konstruktion. Für die ökologische Bewertung von Gebäuden im Rahmen einer Wohnbauförderung ist der OI3TGH-Wert ausschlaggebend. Um gesamte Gebäude zu vergleichen, wird der OI3-Indikator auf die Bruttogeschossfläche bezogen (IO3KON, BGF). Je niedriger der errechnete Wert, umso besser für die Umwelt.
Über die Internetplattform baubook.info können die OI3-Indikatoren für Bauteile und Gebäude errechnet werden.
Einen umfassenden Überblick über Ökobilanz und Öko-Indikatoren liefert der Fachkommentar von Bernhard Lipp, IBO.

Graue Energie: Ökologische Amortisation von Dämmung bei hocheffizienten Gebäuden

Als graue Energie wird die Energiemenge bezeichnet, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung eines Produktes benötigt wird. Dabei werden auch alle Vorprodukte bis zur Rohstoffgewinnung berücksichtigt und der Energieeinsatz aller angewandten Produktionsprozesse addiert.
Bei Nachhaltigkeits-Maßnahmen stellt sich daher immer die Frage, wann sie sich bezogen auf graue Energie ökologisch amortisieren, sprich: jene Energie eingespart haben, die für deren Herstellung und Entsorgung benötigt wurde. Die Errichtung von klimaverträglichen und ressourceneffizienten Häuser setzt also auch eine Optimierung in Hinblick auf graue Energie voraus.
„Die energetische und ökologische Amortisierung der Dämmstoffe von Niedrigstenergiegebäuden beträgt in der Regel wenige Monate bis maximal zwei Jahre. Wie ist das aber bei hocheffizienten Gebäuden, wie sie durch das Passivhaus definiert werden?“, rechnet Robert Lechner vom Ökologie Institut (Grafik) vor: „Wird ein gesamtes Gebäude (also mit der thermischen Hülle, allen Innenwänden, Erschließungen und Decken) für eine Lebensdauer von 100 Jahren bilanziert, so beträgt der Primärenergieinhalt je nach Konstruktion zwischen 15 und 40 kWh pro Quadratmeter Bruttogrundfläche und Lebensjahr – alle dazwischen notwendigen Instandhaltungsarbeiten und Erneuerungen inklusive. Das CO2-Potential (Global Warming Potential – GWP100) für dieses Bauwerk macht rund drei bis fünf Kilogramm CO2 pro Quadratmeter BGF und Jahr aus. Die Dämmung für ein derartiges Bauwerk hat bei strenger Bewertung in einer solchen Bilanzierung einen Anteil von 10 bis 25 Prozent (CO2) – alle Erneuerungszyklen inkludiert. Ein hocheffizientes Gebäude ist auch bei kritischer Bilanzierung in der Lage, gegenüber einem Standardgebäude nach Baurecht zumindest 30 kWh Wärme pro Quadratmeter und Jahr einzusparen. Die Reduktion des Energieverbrauchs durch Dämmung ist sowohl hinsichtlich des Primärenergieverbrauchs als auch der CO2-Einsparung im wahrsten Sinne des Wortes wärmstens zu empfehlen.“

GRAFIK als PDF: Ökologische Amortisation von Dämmung bei hocheffizienten Gebäuden

Dämmung: Mehr Produktionsenergie als Energie eingespart?

Auch das Karlsruher Institut für Technologie hat die Ressourcen-Inanspruchnahme von Dämmstoffen über den gesamten Lebenszyklus und die positive Auswirkung auf die Umwelt gegenüber gestellt. Das Fazit: Die energetische und ökologische Amortisationszeit eines Einsatzes von Dämmstoffen liegt unter zwei Jahren, eine Wärmedämmung ist aus Sicht einer Primärenergie- und Klimagasbilanz sehr sinnvoll. Sprich: Nicht zu dämmen ist umweltschädlich.
Auch das Argument es würde bei der Herstellung von Wärmedämmung aus Polystyrol Erdöl verschwendet, stimmt so nicht: Zwar sind Wärmedämmverbundsysteme wie EPS-Platten tatsächlich Erdölprodukte, allerdings bestehen sie zu 98 Prozent aus Luft und nur zu zwei Prozent aus Polystyrol. Der Öleinsatz in Dämmungen amortisiert sich daher deutlich, da ein Vielfaches an Heizöl oder dessen Äquivalent eingespart wird.

EPS: Problemstoff bremst Recycling

Insbesondere Wärmedämmverbundsysteme (WDVS, vorwiegend EPS-Platten) werden hinsichtlich Lebensdauer und Entsorgung skeptisch beäugt. Ihre Haltbarkeit wird inzwischen auf rund 50 Jahre geschätzt: Erste WDVS wurden 1957 in Berlin verlegt und sind noch immer funktionstüchtig. Trotzdem ist klar, dass Wärmedämmung nach einigen Jahrzehnten ersetzt werden muss.
Im Idealfall ist eine Dämmung einer Wiederverwendung, oder wenigstens dem Recycling zuzuführen. Auch bei Polystyrol ist das grundsätzlich möglich und einige Unternehmen feilen bereits an technischen Lösungen, etwa unter Verwendung von Fräsen, aber: Aufgrund der bisherigen Verwendung des ab 2017 endgültig weltweit verbotenen Flammschutzmittels HBCD ist eine Nachnutzung aktuell nicht möglich.

Lösungen zu HBCD

Mit der Studie „Rückbau, Recycling und Verwertung von WDVS“ legten heuer das Fraunhofer Institut für Bauphysik und das Forschungsinstitut für Wärmeschutz FIW München erstmals eine Untersuchung zu dem Thema auf den Tisch. Dort wurde ebenfalls das aktuelle Hauptproblem festgestellt: Durch die Gefahreneinstufung des verwendeten Flammschutzmittels HBCD seien die Recyclingmöglichkeiten deutlich eingeschränkt. Im Sinne der Abfallvermeidung wird deshalb die „Aufdopplung“ empfohlen: Der bestehende Wärmeschutz wird dabei nicht demontiert, sondern durch eine zusätzliche Dämmschicht ertüchtigt.
Bislang konnte WDVS-Abfall beispielsweise zu „EPS-Recyclingplatten“ mit bis zu 100 Prozent Recyclinganteil verarbeitet werden, die etwa für die Fußbodendämmung oder als Drainageplatten für die Perimeterdämmung einsetzbar sind. Das wird künftig nur mehr mit Alt-EPS ohne das Flammschutzmittel HBCD möglich sein, für die übrigen Bestände ist dann nur noch eine energetische Verwertung, sprich Energierückgewinnung durch Verbrennung, möglich.
Allerdings bieten sich durchaus Verfahren zur rohstofflichen Verwertung als Lösung an, die jedoch aufwendig und damit bislang kommerziell kaum nutzbar sind. Das soll sich nun ändern. Das sogenannte CreaSolv-Verfahren etwa gewinnt das Polymer Polystyrol durch seine spezifische Löslichkeit wieder, wodurch auch die Möglichkeit besteht HBCD abzutrennen und daraus Brom zu gewinnen. Eine erste Großanlage ist in Holland geplant. Recycling-Kapazität: 3.000 Tonnen im Jahr.

Heimisches EPS HBCD-frei

Erfreulich ist, dass die meisten österreichischen EPS-Hersteller bereits mit Jänner 2015 den Umstieg auf das alternative Flammschutzmittel pFR abgeschlossen haben. Heimische EPS-Produkte der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum (Marken Austrotherm, Austyrol, Bachl, Modrice, Röhrnbach, Brucha, EPS Industries, Flatz, Hirsch, Steinbacher, Swisspor) sind damit HBCD-frei. Ein aktueller Prüfbericht des Umweltbundesamtes über zehn übermittelte Proben liegt der Medienstelle vor. Allerdings: Rund 15 Prozent der in Österreich erhältlichen EPS-Platten werden importiert. Anzumerken ist ebenfalls, dass der Medienstelle bislang keine wissenschaftlichen Langzeit-Untersuchungen über die Bedenkenlosigkeit von pFR vorliegen. Ähnliches gilt aber auch für diverse Inhaltsstoffe alternativer Dämmmaterialien.

Aufgrund langer Lebensdauer der WDV-Systeme erster Generation, sind die aktuellen Rücklaufmengen bemerkenswert gering und auch Prognosen bis 2050 zeigten, dass die zu verwertenden Mengen mit der bestehenden Infrastruktur etwa von Müllheizkraftwerken gut beherrschbar seien. Danach würden, so die Studienautoren, die EPS-Abfallmengen jedoch stark ansteigen.

Einen umfassenden Überblick über Recycling und Entsorgungseigenschaften von Dämmstoffen liefert der nachfolgende Fachkommentar von Astrid Scharnhorst, IBO.