Kommentar von Astrid Scharnhorst, Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie
„Die Dämmung von Gebäuden verringert den für ihre Beheizung und Kühlung erforderlichen Energieaufwand. Der Herstellungsaufwand vieler Dämmstoffe amortisiert sich dadurch ökologisch in sehr kurzen Zeiträumen. Gedämmt wird erst seit wenigen Jahrzehnten. Über Recycling und Entsorgung von Dämmstoffen wird nachgedacht, in der Praxis werden jedoch Dämmstoffe aus dem Rückbau in Österreich nicht rezykliert: Dammstoffe aus mineralischen Rohstoffen werden für die Verfüllung z.B. im Straßenbau verwendet bzw. problemlos und vergleichsweise kostengünstig deponiert. Dammstoffe aus synthetischen und aus organischen/ nachwachsenden Rohstoffen werden zumeist verbrannt, damit einerseits eine Verringerung des Abfallaufkommens erfolgt und andererseits deren Heizwert genutzt werden kann.
Die Rückbau- und damit Recyclingfähigkeit ist zunächst und vor allem von der Einbauart abhängig. Schüttungen, Einblasdämmungen sowie zwischen Gefache eingeklemmte, in Hohlräume eingelegte Dämmmatten oder –filze, aber auch mechanisch befestigte Dämmplatten können leicht abgesaugt bzw. ausgebaut werden. Wird das Dämmmaterial mit dem Untergrund verklebt oder im Materialverbund z.B. mit Putzmörteln als Wärmedämmverbundsystem, eingesetzt, erschwert dies den zerstörungsfreien und sortenreinen Rückbau erheblich und der Aufwand für ein Recycling steigt.
Dämmstoffe aus biogenen Rohstoffen
Zu den Dämmstoffen aus biogenen Materialien zählen u.a. Holzfaser-Dämmplatten, Zelluloseflocken und –dämmplatten, Hanf- und Flachsdämmstoffe, Korkdämmplatten, Stroh- und Schafwolledämmung. Die Dämmstoffe werden zumeist lose verlegt oder mechanisch befestigt und sind daher gut rückbaubar. Wenn sie während der Nutzungsdauer keiner erhöhten Feuchte ausgesetzt wurden, ist mit einem guten Materialzustand zu rechnen, sodass sie auch wiederverwendet werden könnten. Dämmstoffe aus biogenen Rohstoffen können gemeinsam mit anderen Abfällen aus brennbaren Baumaterialien in Abfallverbrennungsanlagen thermisch verwertet oder beseitigt werden. Den Vorgaben der Deponieverordnung zufolge sind alle biogenen Dämmstoffabfälle von der direkten Deponierung ausgeschlossen. Auch wenn einige Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie z.B. Strohballen für die Kompostierung bzw. zumindest als Kompostzugabe geeignet wären, ist aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Österreich von einer Kompostierung nicht auszugehen. Aus Gründen der Gebrauchstauglichkeit und Funktion notwendige Produktkomponenten wie Flammschutz- oder Hydrophobierungsmittel, Mottenschutzmittel oder synthetische Stützfasern können Störstoffe darstellen und die Verwertung oder das Recycling erschweren.
Einige Dämmstoffe aus biogenen Rohstoffen können auch als Wärmedämmverbundsysteme eingesetzt werden. Hier sind vor allem die mineralischen Verunreinigungen mit Putzen und Klebern störend. Von einem stofflichen Recycling ist aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Motivation nicht auszugehen.
Dämmstoffe auf Basis mineralischer Rohstoffe
Mineralische Dämmstoffe sind in Form von Platten oder Schüttungen verfügbar.
Mineralische Ausgleichs- oder Dämmschüttungen z.B. aus Perlite oder Blähglas können aus Wänden, Decken und Dächern dann problemlos rückgewonnen werden, wenn sie in ungebundener Form und leicht zugänglich eingebaut wurden. Sie lassen sich nach Reinigung und Trocknung als Schüttmaterial oder Zuschlagstoff wiederverwenden. Mineralische Schüttdämmstoffe können auf Baurestmassendeponien deponiert werden. Bei bitumierten Produkten ist u. U. eine thermische Vorbehandlung erforderlich.
Mineralische Dämmplatten aus Schaumglas werden zur Außendämmung erdberührter Bauteile, in Flachdächern sowie für druckbelastete Nutzdecken oder –dächer verwendet. Im Sandbett verlegte Platten können bei gutem Zustand wieder- bzw. als Schüttmaterial weiterverwendet werden. Bei sortenreiner Trennung können die Platten wieder in die Produktion zurückgeführt werden. In Heißbitumen verlegte oder vollflächig mit Kaltkleber angebrachte Schaumglasplatten können nicht zerstörungsfrei ausgebaut werden. Mit Bitumen versehene Schaumglasabfälle können als Grabenfüllmaterial im Tiefbau oder z.B. für Lärmschutzwände eingesetzt werden. Schaumglasplatten können auf Baurestmassendeponien entsorgt werden. Bei hohem Bitumenanteil ist u. U. eine thermische Vorbehandlung der Produkte erforderlich.
Mineralische Dämmplatten aus Mineralschaum werden als Wärmedämmverbundsystem oder als verputzte Innendämmung eingesetzt. Die Platte und die Deckschicht sind sortenrein trennbar. Die Trennung des Klebers von der Wand ist schwieriger, da dieser fest am Produkt anhaftet. Die mineralischen Abfälle des Dämmsystem sind als Granulat für Schüttungen oder als Verfüllmaterial, jedoch nicht als Zuschlagstoff für zementgebundene Baustoffe geeignet. Ein hochwertiges Recyclingkonzept für Mineralschaumplatten gibt es derzeit noch nicht. Das Dämmsystem besteht fast vollständig aus mineralischen Rohstoffen und kann auf Baurestmassendeponien entsorgt werden.
Dämmstoffe aus künstlichen Mineralfasern werden für praktisch jeden Anwendungsbereich in der Gebäude- und Haustechnikisolierung mit Ausnahme von Perimeter- und Umkehrdachdämmung eingesetzt. Unterschieden wird im Gebäudebereich zwischen Glaswolle- und Steinwolle-Dämmstoffen. Nicht verklebte und saubere Mineralwolle lässt sich prinzipiell wiederverwenden oder als Stopfwolle weiterverwerten. Das stoffliche Recyclingpotenzial von Mineralwolle ist derzeit noch niedrig: Für reine Produktions- und Baustellenabfälle aus Steinwolle sind in einzelnen Steinwolle-Werken Verwertungsanlagen in Betrieb. Für Glaswolle-Abfälle ist derzeit kein Rücknahme- und Verwertungskonzept bekannt. Eine energetische Verwertung der nicht-brennbaren Mineralwolle-Dämmstoffe ist nicht möglich. Dennoch werden Mineralfasern häufig gemeinsam mit anderen brennbaren Baumaterialien in der Abfallverbrennungsanlage beseitigt. Mineralwolle-Dämmstoffe dürfen laut Deponieverordnung auf Baurestmassendeponien abgelagert werden.
Dämmstoffe aus künstlichen Mineralfasern mit Herstellungsdatum vor 2000 sind als krebsverdächtig eingestuft, müssen daher sachgerecht ausgebaut und als gefährlicher Abfall entsorgt werden. Ein Wiedereinbau dieser sogenannten alten Mineralwolle ist lediglich für im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten demontierte Materialien zulässig und unter der Voraussetzung, dass dabei keine oder nur eine geringe Faserbelastung zu erwarten ist. Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit alter Mineralwolle sind in Deutschland zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 521 geregelt. Sie sind aus Vorsorgegründen auch als Handlungsanweisung für entsprechende Bauaufgaben in Österreich zu empfehlen.
Polystyrol-Dämmplatten
Lose verlegte Polystyrol-, genauer EPS- oder XPS-Dämmplatten, können zerstörungsfrei ausgebaut und theoretisch für den gleichen Einsatzzweck wiederverwendet oder als Aussparungskörper für die Betonindustrie weiterverwendet werden. Dies ist z.B. bei EPS-Trittschalldämmung oder XPS-Umkehrdachdämmung der Fall. Saubere, sortenrein gesammelte Polystyrol-Dämmstoffe können zu Granulat verarbeitet werden, das u.a. als Dämmschüttung, Porosierungsmittel bei der Ziegelherstellung oder Zuschlagstoff zu Mörtel und Beton wiederverwendet wird. Letzteres ist zwar bauphysikalisch vorteilhaft, sollte aber aus bauökologischer Sicht vermieden werden, da mit dem Materialverbund aus Polystyrol und Mörtel bzw. Beton eine verminderte Recyclingfähigkeit einhergeht. Das Recycling von Wärmedämmverbundsystemen mit EPS ist wegen des Verbunds aus Putz und Dämmstoff sehr aufwändig und wird i.d.R. nicht realisiert. Aus heutiger Sicht stellt sich außerdem als problematisch dar, dass in Zukunft XPS-Dämmplatten mit unterschiedlichsten Treibmitteln (FCKW, HFCKW, HFKW aus Altbestand und HFKW oder CO2 nach heutigem Stand) anfallen werden, womit ein Recycling für die nächsten Jahre praktisch ausgeschlossen werden kann. Polystyrol kann thermisch sehr gut verwertet werden.“
Quellenangabe
Die oben stehenden Informationen zu Recycling- und Entsorgungseigenschaften von Dämmstoffen beruhen auf: Entsorgungswege der Baustoffe, Anhang 2 zu ABC-Disposal – Assessment of Buildings and Constructions – Disposal. Mötzl Hildegund (IBO), Pladerer Christian (Ökologie-Institut) et al. „Haus der Zukunft“ (BMVIT), FFG-Nr: 813974. Der Gesamtbericht ist unter http://www.nachhaltigwirtschaften.at/results.html/id5278 abrufbar (zuletzt geprüft am 03.09.2015).