Nachhaltige Wünsche an die öffentliche Hand

Grundsätzlich sollten Bund und Länder mit gutem Beispiel voran gehen, wenn es um Planung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen geht. Wo steht Österreich hier?  „300 Tage nach Paris“ befasste sich die ÖGNB Österreichische Gesellschaft für nachhaltiges Bauen und die Medienstelle für Nachhaltiges Bauen mit der Rolle und Verantwortung der öffentlichen Hand für die Umsetzung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich. Am 4. November tritt das Klimaabkommen in Kraft.

 

„Vier Prozent aller österreichischen Gebäude – 22 Prozent aller Bürogebäude, 30 Prozent der Gebäude für Verkehr, Kultur, Freizeit oder Bildung sowie 2,5 Prozent der Wohngebäude – befinden sich in direktem Eigentum von Bund, Länder oder Gemeinden – ohne ausgelagerte Institutionen mitzurechnen. Aus meiner Sicht hat die öffentliche Hand größten Einfluss auf den Gebäudesektor. Das Ziel muss sein: 2050 weitestgehend CO2-neutral zu sein. Der Gebäudesektor hat beste Voraussetzungen das zu erreichen“, stellt Robert Lechner von der ÖGNB fest.

„Im Gebäudebereich passiert recht viel, es sind die Technologien und das Know-how vorhanden – und trotzdem hebt die Nachhaltigkeit im Baubereich nicht so richtig ab“, meint Monika Auer von ÖGUT, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik. Ihre Wünsche an die öffentliche Hand: „Es braucht ein Ziel und man muss auch Stimmung dafür machen. Man muss einen gesellschaftlichen Diskurs führen: Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen kostet nicht nur, es bringt auch einen Nutzen.“

„Die globale Erwärmung soll deutlich unter zwei Grad Celsius und maximal auf 1,5 Grad reduziert werden. Mit den derzeitigen Zusagen der Staaten kommen wir dort aber nicht hin, sondern etwa auf 2,7 Grad. Seit 2005 gibt es eine Reduktion der Treibhausgase in Österreich, der Trend ist aber wieder durchbrochen: 2015 hatten wir wieder 2,3 Prozent mehr Emissionen. Wir haben einfach keine wirklich funktionierende Klimaschutzpolitik. Es braucht klare Ziele“, attestiert Johannes Wahlmüller von Global 2000. Was ist zu tun? „Es gibt Emissionen, die schwer vermeidbar sind, etwa in der Landwirtschaft. Im Gebäudebereich ist dagegen viel möglich, alle Technologien sind vorhanden. Man müsste bis 2050 den gesamten Gebäudebestand durchsanieren. Dafür bräuchten wir eine Sanierungsrate von drei Prozent, von der wir aber weit entfernt sind. Beim Neubau müsste man in Richtung Passivhaus-Standard kommen. Die Heizsysteme müssen künftig auf Basis erneuerbarer Energien laufen. Außerdem braucht es steuerliche Anreizsysteme. Dann kann es auch gelingen, dass die Ziele erreicht werden.“

„Ein ganz wesentlicher Teil der Bebauungsflächen stammen von der öffentlichen Hand, vor allem von der Gemeinde“, erklärt der Vorarlberger Bauexperte Karl Torghele, Firma Spektrum, und thematisiert die Kleinstrukturierung Österreichs: „Eine Vorarlberger Gemeinde hat durchschnittlich 3.300 Bewohner und deren Bürgermeister haben im Allgemein vom Bauen keine Ahnung. Weder das rechtliche noch das technische Basiswissen ist vorhanden.“ Durch ein gemeinsames Projekt mit dem Umweltverband bei dem eine Komplett-Beratung angeboten wird, konnte erreicht werden, dass seit 2011 90 Prozent aller Gebäude diesen Qualitätssicherungsprozess durchlaufen. Torghele betont: „Der Bürgermeister ist als Konsument und Endverbraucher zu verstehen. Wenn ich dem erkläre er bekommt eine gesunde Schule, fangen bei dem die Augen an zu leuchten. Dann kann ich ihn in diesem Moment auch überzeugen, dass er eine Lüftungsanlage einbaut. Und wenn dann auch noch das Thema regionale Wertschöpfung transparent wird, haben Sie den Bürgermeister auf Ihrer Seite. So ist aus der Schwäche der Kleinstrukturierung eine Stärke entstanden.“

„China hat nicht aus Gründen eines Kommitments den Klimazielen zugesagt, sondern die haben einfach eine miese Luft, die ihnen langsam ausgeht. Die machen das aus Bedrängnis. Bei uns ist die Bedrängnis offenbar noch nicht so groß. Nach wie vor kann mit Beschneiungsanlagen das Wichtigste gerettet werden“, meint Christian Pöhn von der Stadt Wien, MA39. Er erinnert an die Komplexität der Nachhaltigkeit: „Eine Umstellung auf Erneuerbare wird niemand bestreiten, das ist das Ziel. Aber die Frage ist wie das Ganze dann funktioniert. Es braucht eine Diskussion darüber was machbar ist. Wir müssen unbedingt die Zahl der Informierten erhöhen.“ Ab 2019 darf die öffentliche Hand ausschließlich Niedrigstenergiegebäude errichten, für Pöhn ein zweischneidiges Schwert: „Man sollte darüber nachdenken, wie viele Häuser überhaupt noch errichtet werden sollen. Und: Ob das Niedrigstenergiegebäude um zwei Prozent unter- oder überboten wird, ist schnurzegal. Entscheidend ist wie viele Bestandsgebäude wir auf ein vernünftiges Niveau sanieren können. Wir sollten sanieren, aber nicht drei Prozent, sondern hoffentlich das, was zu sanieren notwendig ist. Nachhaltig ist es, wenn eine Maßnahme getroffen wird zu einem Zeitpunkt, wo sie getroffen werden muss. Wenn sowieso Kosten entstehen und Aufwände abgezogen werden können. Wir sollten die Dinge wahrnehmen, die gut funktionieren: Etwa bei Einfamilienhäusern fördern, im städtischen Bereich Kompaktheiten und günstige Energieträger nutzen sowie insgesamt über Energieraumplanung nachdenken.“

Wortmeldungen stark gekürzt.