Vertrauen ins nachhaltige Bauen

Kommentar von Alfred Waschl,  International Facility Management Association (IFMA) Austria

„Die Nachhaltigkeit eines Gebäudes beginnt am Reißbrett, d.h. Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Energieeffizienz. Das ist eine weit verbreitete falsche Ansicht. Der wesentlichste Punkt für einen Investor ist die hohe Wertbeständigkeit auf lange Sicht. Die ist von der Lage und der Verbrauchseffizienz, auch in energetischer Sicht, abhängig. Doch es gibt hier noch andere Einflussfaktoren wie das Gebäudelayout und das Betreiber/Betriebskonzept. Beides sollte in einer sehr frühen Planungsphase auf die „Full Costs of Occupancy“ geprüft und optimiert werden, da sie später nur mehr sehr bedingt veränderbar sind. Es wird in der Praxis viel zu wenig darüber nachgedacht, unter welchen Bedingungen ein Gebäude tatsächlich eine Chance hat, auch in 10 Jahren mit neueren Gebäuden konkurrieren zu können. Gerade wenn man den Blick auf langfristige Wertbeständigkeit und erfolgreiche Wiedervermietbarkeit richtet, genügt es nicht, sich auf technische Energiekennziffern (eines Zertifikates) zum Zeitpunkt der Fertigstellung zu konzentrieren. Dass ein Neubau spezifische Kriterien mit dem aktuellen Stand der Technik erfüllt, ist naheliegend oder genauer gesagt eine Minimalvoraussetzung für einen Investor. Mit gleicher Wichtigkeit ist jedoch die Effizienz und Flexibilität der Flächennutzung, wofür vor allem die Effizienz der Strukturelemente, vor allem der Transport- und Kommunikationswege verantwortlich zeichnen. Darunter sind Themen wie Anzahl der Erschließungskerne, Position des Eingangs, Geschosshüllen, Zuschnitt der Nutzflächen, Orientierung der Fassade zu nennen. Im gleichen Atemzug sollte auch die Verwendung von wiederverwertbaren Materialien erwähnt werden, deren Zusammensetzung detailgenau dokumentiert wird, damit beim Abriss bzw. Umbau die Qualität des Bauschutts definiert ist. All das ist am Reißbrett zu klären, und der Investor muss darauf vertrauen können, dass die ausgewählten Spezialisten die Flexibilität für Umbaumaßnahmen, die in X Jahren stattfinden vorhersehen.

Das eben gesagte gilt auch für die technische Gebäudeausstattung, die Betreiberverantwortung und den resultierenden Betriebskosten. Die müssen auch am Reißbrett planungsbegleitend optimiert werden, denn diese Kosten werden in der Regel zu den im Gebäude Beschäftigten in Relation gesetzt. Diese Verhältniszahl ist heute in vielen Fällen wichtiger, als eindimensionale Mieten oder Energiekennzahlen. Um als Investor ein zufrieden stellendes Gesamtergebnis im Sinne der Lebenszykluskosten zu bekommen, werden, im Sinne der Industrie 4.0, brain groups in der Planungsphase zusammen gestellt, die alle Aspekte – Energie, Facility Management, Vermarktung, Rechtskonformität des Betriebs, Kostentransparenz, Datenbestand (Stammdaten und Bewegungsdaten) schon in der Planungsphase offen legt und in einem Zirkelprozess während der Errichtung, immer wieder nachschärft, damit im Betrieb (der meist 25 mal länger dauert als die Errichtung) die geplanten Nachhaltigkeitskriterien in Euro auch wirklich erreicht werden. Dafür bezahlt der Investor und kann auch darauf vertrauen, wenn er das richtige Team zeitnahe nach der Idee zusammengestellt hat.

Aktuell werden auch immer mehr Datenbanken verfügbar, die Ansatzpunkte für 4.0 Teams zeigen, welche verbauten Materialien bzw. welche Luft- oder Klimaqualitäten die Leistungsfähigkeit der in den Gebäuden arbeitenden Flächen oder die Krankenstandsrate beeinflussen. Die IFMA Austria hat in ihrer Veranstaltungsreihe „Spotlight“ dazu schon Impulse geliefert.“

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