Abseits von regelmäßigem Lüften schafft insbesondere eine hochwertige kontrollierte Wohnraumlüftung Abhilfe: Mit der kontrollierten Wohnraumlüftung wird kalte Frischluft angesaugt und gefiltert. Im Erdwärmetauscher und im Lüftungsgerät erfolgt die Erwärmung der Frischluft. Die Luft strömt über ein Rohrsystem in die Wohn- und Schlafräume ein und gelangt über Stiegenhaus und Flur in Küche, Bad und WC. Dort wird die verbrauchte Luft über das Rohrsystem abgesaugt und zum Lüftungsgerät geführt. Die Wärme wird im Wärmetauscher auf die Zuluft übertragen, die Abluft ins Freie geblasen. Selbstverständlich kann auch trotz Wohnraumlüftung manuell gelüftet und dürfen Fenster geöffnet werden. „Ohne Lüftungsanlage müssten zumindest alle zwei Stunden die Fenster kurz geöffnet werden, um die CO2 -Rate auf Werte unter den hygienischen Grenzwert (1.500 ppm) zu senken, ein in der Praxis – vor allem während der Nacht – undurchführbares Unterfangen“, erklärt die Studie „Behagliche Nachhaltigkeit – Untersuchungen zum Behaglichkeits- und Gesundheits-Wert von Passivhäusern“. Zusätzlich sorgt die Fensterlüftung im Winter für einen erhöhten Energie- und Wärmeverlust, Zugluft und Lärmbelästigung.
Studie: Geringere Schadstoffe durch Wohnraumlüftung
Die Studie „Lüftung 3.0: Bewohner-Gesundheit und Raumluft-Qualität in neu errichteten, energieeffizienten Wohnhäusern“ vom Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie IBO hat sich zum Ziel gesetzt die Einflüsse der Raumluftqualität auf Wohlbefinden sowie die Wohnzufriedenheit von BewohnerInnen von Ein- und Mehrfamilienhäusern (123 österreichische Haushalte) mit und ohne Wohnraumlüftungsanlage zu untersuchen. Dabei wurden u.a. die Wohnräume auf Schadstoffe untersucht. In der gegenständlichen Studie wurden Daten drei Monate nach Bezug und ein Jahr danach erhoben.
Fazit: „Die Ergebnisse der Raumluftuntersuchungen, die Daten zur Nutzerzufriedenheit und -gesundheit sowie zur subjektiv empfundenen Raumluftqualität zeigen, dass das Konzept von Gebäuden mit Wohnraumlüftungsanlagen gegenüber dem „herkömmlichen“ Konzept des Niedrigenergiehauses mit reiner Fensterlüftung deutliche Vorteile aufweist. Der Einsatz einer Wohnraumlüftungsanlage in Wohngebäuden erscheint daher, wenn die Planung, Errichtung, Inbetriebsetzung und Wartung dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, grundsätzlich empfehlenswert.“
Insbesondere gilt die Empfehlung die raumlufthygienischen Vorteile hochwertiger Lüftungsanlagen mit maximaler Energieeffizienz zu verbinden. Und, so die Studie zu Vorurteilen: „Diverse Ansichten zu „Zwangslüftungsanlagen“ wie z.B. Schimmelbefall, vermehrtes Auftreten von gesundheitlichen Beschwerden oder verstärkte Luftzugerscheinungen wurden in der vorliegenden Studie nicht bestätigt. Andererseits ist anzumerken, dass in Bezug auf die niedrige Luftfeuchte in Objekten mit Wohnraumlüftungsanlagen definitiv Handlungsbedarf bestehen kann. Technische Lösungen dafür stehen bei höherwertigen Lüftungskonzepten zur Verfügung.“
Und die Studie weiter: „Generell wurden sowohl beim Erst- als auch beim Folgetermin in Objekten mit Wohnraumlüftungsanlagen verglichen mit Objekten mit ausschließlicher Fensterlüftung im Durchschnitt deutlich geringere Schadstoffkonzentrationen in der Innenraumluft nachgewiesen. [] Die Ergebnisse zeigen, dass durch den Einsatz einer Wohnraumlüftungsanlage im Schnitt eine deutlich bessere Raumluft in Hinblick auf gesundheitlich relevante Luftinhaltsstoffe erreicht wird, die Streuung der Werte ist jedoch in beiden Haustypen hoch.“
Einfluss auf Schadstoff-Konzentration
Im Detail wurden die Belastungen durch diverse Flüchtige Organische Verbindungen (VOC) und andere Schadstoffe im Vergleich zu herkömmlicher Fensterlüftung untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Lüftungsart (mit oder ohne Wohnraumlüftungsanlage) einen hochsignifikanten Einfluss auf die VOC-Konzentration in der Raumluft hatte und dass in Objekten mit ausschließlicher Fensterlüftung bei beiden Messterminen häufiger Richtwertüberschreitungen vorkamen. Ein signifikanter bzw. wesentlicher Einfluss wurde in Bezug auf die Konzentration an Formaldehyd, Kohlenstoffdioxid, Radon sowie bei Schimmelpilzsporen, festgestellt. Keinen Einfluss hat die Art der Wohnraumlüftung bei Staubmilbenallergenen.
Frischer Neubau: deutlich höhere Belastung
„Aufgrund der Ergebnisse der Schadstoffmessungen der Raumluft kann auch gesagt werden, dass vor allem am Beginn der Nutzung in beiden Objekttypen in zahlreichen Fällen in erhöhtem Ausmaß VOC-Emissionen von Baustoffen und Materialien der Innenausstattung stattfanden, was eine hygienisch unbefriedigende Situation darstellt. Nicht in allen Fällen reicht der Betrieb der Wohnraumlüftungsanlage als alleinige Maßnahme zur Expositionsreduktion aus. Die VOC-Werte lagen zu einem großen Teil (auch in Objekten mit Wohnraumlüftungsanlagen) über den Ergebnissen von qualitätsgesichert mittels Chemikalienmanagement errichteten Objekten. Gründe dafür sind einerseits vermutlich die Verwendung von Lösungsmitteln bei Bauchemikalien und Materialien der Innenausstattung als auch sekundär die zu niedrigen Zuluftvolumenströme in den Räumen. Mehr Gewicht muss daher auf eine Emissionsreduktion durch die Auswahl wenig emittierender, schadstoffgeprüfter Baustoffe und Materialien gelegt werden. Ein Chemikalienmanagement bei Planung und Errichtung ist in Hinblick auf die Studienergebnisse eine unbedingte Notwendigkeit und sollte zum Standard bei Bauprojekten werden. Diese Aussage gilt auf Grund der großen Streuung der Ergebnisse auch bei Passivhäusern und Niedrigstenergieobjekten mit Wohnraumlüftungsanlagen.“
Wohnraumlüftung: Vorurteile geprüft
Die Studie „Lüftung 3.0: Bewohner-Gesundheit und Raumluft-Qualität in neu errichteten, energieeffizienten Wohnhäusern“ hat sich auch ganz besonders den wichtigsten Vorurteilen gegenüber der kontrollierten Wohnraumlüftung angenommen. Das allgemeine Studienfazit: „Behauptungen, dass in Wohnobjekten mit Wohnraumlüftungsanlagen vergleichsweise mehr negative Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden auftreten, konnten nicht gestützt werden. Die deutlich niedrigeren Schadstoffkonzentrationen in Wohnobjekten mit Wohnraumlüftungsanlagen lassen vermuten, dass sich diese Technologie langfristig positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirkt.“
Raumtemperatur & Luftzug
„Hinsichtlich des Raumklimas wurden beispielsweise Raumtemperatur und Luftbewegung von den Bewohnern von Objekten mit Wohnraumlüftungsanlagen signifikant angenehmer eingeschätzt als von den Bewohnern von Objekten mit ausschließlicher Fensterlüftung. Die Meinung in Bezug auf häufig so genannte „Zwangslüftungsanlagen für Wohnobjekte“, dass die Raumtemperatur als unangenehmer eingeschätzt wird und Luftzugerscheinungen auftreten, kann auf Grund der Ergebnisse der Studie nicht aufrecht erhalten werden.“
Allergie & Keime
„Auch die Meinung, dass Lüftungsanlagen „Keimschleudern“ sind, konnte nicht bestätigt werden; es ist demgegenüber davon auszugehen, dass Lüftungsanlagen sogar als Senke für Schimmelsporen fungieren. Es ist umgekehrt davon auszugehen, dass Wohnraumlüftungsanlagen die Konzentration von von außen eintretenden Allergenen (Sporen, Pollen etc.) und Feinstaub deutlich senken können. Zur effizienten Senkung sind allerdings die Wahl eines möglichst hochwertigen Zuluftfilters sowie die Wartung der Anlage von herausragender Bedeutung.“
Luftfeuchtigkeit
„Bestätigt hat sich allerdings die Meinung, dass die Luft in Lüftungsanlagen tendenziell zu trocken ist, dies ist auf die erhöhten durch das Gesamtsystem transportierten Luftvolumina zurückzuführen, die in der kalten Jahreszeit zu einer Entfeuchtung aller Materialien und in der Folge der Raumluft führen. Würde in ausschließlich über Fenster gelüfteten Objekten gleich viel gelüftet, würden auch dort vergleichbar niedrige Luftfeuchten auftreten. Technische Lösung für eine Verbesserung der Situation (Bedarfsregelung und Feuchterückgewinnung) sind bekannt und werden in modernen Anlagen schon installiert.“
Schimmel
Richtig ist, dass in allen Nutzgebäuden, egal ob gedämmt oder nicht gedämmt, Feuchtigkeit entsteht, die auf irgendeine Weise nach draußen gelangen muss. Schimmel bildet sich auch in Neubauten, die nach der Errichtung noch nicht vollständig ausgetrocknet sind, und ganz besonders bei sanierungsbedürftigen Gebäuden. Eine äußere Wärmedämmung – eine fachgerechte Planung und Durchführung der baulichen Maßnahmen vorausgesetzt – verringert die Wärmeverluste nach außen sehr stark und erhöht so die Oberflächentemperaturen der inneren Wände. Damit reduziert sie das Risiko der Schimmelbildung erheblich. Häufig ist Schimmelbildung auch auf das Nutzerverhalten zurückzuführen: Besonders bei neuen, dichteren Fenstern gilt es den Luftfeuchtegehalt zu beobachten und entsprechend zu lüften bzw. eine vorhandene Wohnraumlüftung zu nutzen.
Die Studie: „Sowohl zu hohe und zu niedrige Werte für die relativer Luftfeuchte sollten vermieden werden. Die Studie zeigte, dass niedrige Werte unter 30 Prozent relativer Luftfeuchte nahezu ausschließlich in Objekten mit Wohnraumlüftungsanlagen, hohe Werte über 55 Prozent nahezu ausschließlich in Objekten mit reiner Fensterlüftung gefunden wurden. Es ist daher davon auszugehen, dass mittels einer Wohnraumlüftungsanlage eine effiziente Schimmelprävention möglich ist.“
Radonbelastung
Radonbelastung und ein damit verbundenes Krebsrisiko werden des öfteren der Dämmung zugeschrieben. Richtig ist jedoch, dass die radioaktive Strahlung durch das Edelgas Radon (Messeinheit Bequerel Bq) nicht durch Dämmung verursacht wird, sondern aufgrund natürlicher Vorkommen aus dem Erdboden in die Luft entweicht. Radonkonzentrationen werden jedoch auch in geschlossenen Gebäuden beobachtet, da sich das Gas hier anreichern kann. Schon vermehrtes Lüften des Raumes bzw. eine Wohnraumlüftung bringt im Normalfall eine ausreichende Wirkung. In Österreich gelten als Grenzwerte 200 Bq/m³ für den Neubau und 400 Bq/m³ für bestehende Gebäude. Man schätzt, dass österreichweit etwa fünf Prozent aller Wohnungen Radon- Konzentrationen von über 400 Bq/m³ aufweisen. Ab 100 Bq/m³ sollte nach der Ursache gesucht werden. Schutz kann etwa ein Abdichten des Kellers gegen die Erde sowie die Wohnräume bieten. Einen Überblick bietet die Radonkarte Österreichs.